No. 16: 5 1/2 Knoten Pils, Czernys Küstenbrauerei – Kiel

Es ist mal wieder Zeit für ein lokales Bier aus Kiel. Heute das 5 1/2 Knoten Pils der Czernys Küstenbrauerei. Vor kurzem war ich bei Jan und Jasmin Czerny vor Ort in ihrer neu eingerichteten Brauerei und durfte zum Verkosten zwei Flaschen von ihrem Pils in Empfang nehmen. Mehr über die Brauerei lest ihr hier. Nachdem ich eine Flasche bei meinem letzten Tasting verkostet habe, war es nun an der Zeit, dass ich mir das Pils selber einschenke und vorstelle.

Ein Pils zu verkosten ist so eine Sache. Pils, das ist für viele Deutsche quasi das Synonym für Bier. Es ist eben auch der Bierstil, der mit Abstand am weitesten verbreitet ist. Es ist der Bierstil, der durch die großen Industriebrauereien so stark vereinheitlicht und geschmacklich vereinfacht wurde, dass es mitunter schwer fällt verschiedene Pilsener zu unterscheiden und den Charakter eines Pils zu erkennen. Und es ist der Bierstil, der in der Craftbeerszene etwas vernachlässigt wird und gegenüber den Pale Ales, IPAs, Stouts etc. ins Hintertreffen geraten ist.

Nun also mal wieder eine Komposition dieses untergärigen Bierstils – das 5 1/2 Knoten Pils. Eingebraut wurde es mit folgenden drei Hopfensorten: Hallertauer, Perle und Mandarina Bavaria. Während der Hallertauer dem Pils leichte blumige und grasige Aromen und eine ordentliche Portion Bitterkeit verleiht, trägt der Mandarina Bavaria-Hopfen zu fruchtigen Mandarinen- und Orangennoten bei. Regionale Küstengerste aus biologischem Anbau ist ein weiterer Bestandteil. Mit 36 Bittereinheiten (IBU) ist es ein recht herbes Pils. Der Alkoholgehalt liegt bei 5,5 Vol. % (Anmerkung: auf der Flasche sind 4,6% angegeben). Soviel zu den Zutaten und den Eckdaten.

Die Flasche mit dem Plopp-Verschluss und den aussagekräftigen Etiketten kommt gut an. Im Glas habe ich dann ein goldgelbes Pils mit einer feiner Trübung. Unfiltriert eben, warum auch nicht. Die Schaumkrone ist schwach ausgeprägt und schnell verflogen. Vorteil: kürzere Wartezeit auf den ersten Schluck. Nachteil: die für den Geruch relevanten Aromen verfliegen schneller. Hier kann ich nur dezente Fruchtnoten ausmachen, das malzbetonte Aroma überwiegt.

Anmerkung: Der Braumeister Jan Czerny teilte mir mit, dass das Pils eigentlich über eine gute Schaumstabilität verfügt. Also besser Biergläser-Spüli verwenden. 

Aber wie schmeckt das 5 1/2 Knoten Pils denn nun eigentlich? Es ist kein typisches norddeutsches, herbes Pilsener. Die fruchtigen Hopfenaromen verleihen dem Pils einen komplexeren Charakter. Die Basis bildet für mich ein kräftiger Malzkörper, eingebettet darin ein kräftiges, feinherbes Aroma. Vermutlich wirken hier die Bitternoten des Perle-Hopfens. Ergänzt wird dieses malzige und feinherbe Profil von grasigen und fruchtigen Hopfenaromen, die im Antrunk kurz zum Vorschein kommen.

Jan und Jasmin: vielen Dank euch beiden für die kleine Brauereibesichtigung und die zwei Flaschen eures tollen Pils!

Fazit

Ein Pils mit Charakter – norddeutsche Frische und Herbe treffen auf dezente Fruchtaromen.

Die Eckdaten

Bierstil: Pils
Hopfen: Hallertauer Tradition, Perle, Mandarina Bavaria
Bittereinheiten: 36 IBU
Alkoholgehalt: 4,6 / 5,5 % Vol

Die Höker

Die vier Sorten Märzen, Pils, Pale Ale und Porter gibt es ab Dezember direkt bei Czernys per Lieferservice bis direkt vor die Haustür. Alternativ gibt es die Biere direkt vom Fass am Zapfhahn bei

Und in der Flasche bei Brewcomer, Jungfernstieg, Kiel.

No. 15: Kena Island Ale, Pöide Brewery – Estland

Mit dem Kena Island Ale der Pöide Brewery stelle ich ein weiteres estnisches Craftbeer vor. Ich bin zwar noch nie in Estland gewesen, verfüge aber über verlässliche Lieferanten 😉 Aus Estland habe ich bereits Muddis Golden Ale verkostet.

Die Brauerei

Bierbrauen hat in Estland und insbesondere auf der Insel Saaremaa eine lange Tradition. Diese Tradition greift die kleine Pöide Brauerei, benannt nach dem Ort Pöide, auf. Koit und Kristel gingen 2013 an den Start. Bereits nach kurzer Zeit platzte die Brauerei, eine Scheune, aus allen Nähten und ein Umzug war erforderlich. Die neue Braustätte konnte dann in der Inselhauptstadt in einem alten Industriegebäude eingerichtet werden. Dort werden mittlerweile unterschiedlichste Bierstile gebraut, darunter ein Roggen Ale, ein Imperial Brown Ale oder ach ein Wiener Lager. Das ist ein ganz spannendes Sortiment.

Das Bier
Pöide – Kena Island Ale

Das Kena wird als Island Ale bezeichnet, einigen wir uns also auf ein Ale. Das Design des Etiketts hat irgendwie etwas leicht altertümliches und ist bewusst schief aufgebracht. Sieht ganz gut aus.

Für ein Ale finde ich dieses goldgelbe Bier recht klar, es weist nur eine schwache Trübung auf. Die Schaumkrone ist mittelprächtig ausgeprägt und von kurzer Dauer. Fruchtige Aromen, die für meinen Geschmack an Pfirsich oder auch Melone erinnern, machen sich beim Geruch bemerkbar. Das ist schon mal ein guter Start. Im Antrunk ist das Ale dann erstaunlich süßlich und malzbetont. Mir fehlt es hier aber dann doch etwas an Kohlensäure. Auf diesen Malzkörper sind dann die fruchtigen Hopfenaromen gebettet, die dem Ale eine markante Fruchtnote geben. Diese Kombination aus Fruchtaromen und dem süßlichen, karamelligen Malzkörper harmoniert prächtig. Zum Abschluss kommen dann dezente Bitternoten zum Vorschein und runden das Ale ab.

Fazit

Das Kena Island Ale hat was. Fruchtige Aromen treffen auf einen süßlichen Malzkörper.


Die Eckdaten:

Bierstil: Ale
Hopfen: Simcoe, Citra und Aurora
Bittereinheiten: 25 IBU
Alkoholgehalt: 5,2 % Vol


Die Höker:

Tja, das Kena gibt es mit Sicherheit irgendwo in Estland zu laufen. Hier in Deutschland habe ich es bislang in keinem Laden gesehen. Also ab nach Estland oder online sein Glück versuchen.

Zu Besuch bei der Czernys Küstenbrauerei

Bier in Kiel

Es tut sich was in der Brauereilandschaft in Kiel: die Czernys Küstenbrauerei hat die Braukessel angeschmissen.

Nachdem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und dann spätestens mit der Schließung der Holsten-Brauerei an der Holtenauer Straße im Jahr 1994 die Brauereien aus dem Stadtbild verschwunden sind und nur die Kieler Klosterbrauerei übrig geblieben ist, verändert sich das Bild seit einigen Jahren nach und nach. Nachdem sich die Jungs von Lille bereits seit 2015 einen Namen im Kieler und norddeutschen Raum gemacht haben (leider noch ohne eigene Brauerei in Kiel – das Projekt zur Eröffnung der eigenen Brauerei in 2018 ist gestartet), ist im Herbst 2017 die Czernys Küstenbrauerei in die Festung Friedrichsort eingezogen.

Czernys und die Festung Friedrichsort

Ich hatte neulich die Gelegenheit, einmal bei Jan Czerny vorbeizuschauen und bin in den Genuss einer kleinen Brauereiführung gekommen. Jan Czerny und seine Frau Jasmin sind zum Studium der Meeresbiologie nach Kiel gekommen, haben dieses erfolgreich abgeschlossen, fühlen sich hier wohl und sind über das Whisky brennen zum Bier gekommen. 

Zunächst einmal ist die Wahl der Location für eine Brauerei eine klasse Idee. Bei der Festung Friedrichsort handelt es sich um eine ehemalige Festungsanlage, die bereits im 17. Jahrhundert errichtet wurde, und im Laufe der Zeit um- und ausgebaut sowie unterschiedliche Nutzungen hatte. Bis Mitte der 1990er Jahre wurde die Anlage von der Bundeswehr genutzt. Seitdem gibt es verschiedene Ideen, die Festung der Öffentlichkeit u.a. durch touristische Konzepte zugänglich zu machen. Nun ist hier u.a. die Czernys Küstenbrauerei eingezogen – attraktiv am Falckensteiner Strand gelegen, dennoch aber abgeschieden und nicht ohne weiteres zugänglich. Jan und Jasmin konnten die Errichtung mit einer erfolgreich angelegten Crowdfunding-Kampagne realisieren. 

Nun stehe ich also an einem trüber Herbsttag vor dem Tor und melde mich telefonisch an. Nach wenigen Minuten kommt Jan auf seinem Tretroller zum Tor und lässt mich rein. Das Gelände sieht ein wenig trostlos aus, im Inneren des Gebäudes weht aufgrund von alten Schwarz-weiß-Fotografien noch ein wenig der Hauch der vergangenen Jahre der militärischen Nutzung.

Die Brauerei

Als Laie bin ich dann erstmal beeindruckt und sprachlos – Läuterbottich, Braukessel, Gärtanks und jede Menge Behältnisse, Flaschen und sonstige Gegenstände, die mich an die Schulzeit und Bio- und Chemiestunden erinnern. Bei den einzelnen Brauschritten, die mir Jan erläutert und mich auch einen Blick in den Gärtank werfen lässt, kann ich wenig mitreden. Beim Probieren seines Brown Ale, frisch aus dem Kühltank, fangen wir dann erstes Fachsimpeln an. Schöne, dunkelbraune Farbe, kräftiger Malzkörper, der dem Bier eine feine Süße verleiht und dazu eine Ladung Aromahopfen fürs Fruchtige. Danach probieren wir noch ein fast fertiges Pils – das hat schon eine ordentliche Basis. Die Czernys setzen mit dem sogenannten Dekoktionsmaischverfahren auf ein aufwendiges, älteres und kaum noch angewandtes Maischverfahren, bei dem Teile der Maische in mehreren Stufen gekocht und dann wieder der Restmaische zugegeben wird. Was bringt das Verfahren? Es ist aufwendiger, soll sich aber auf den Geschmack positiv auswirken. Da ist was dran.

5 1/2 Knoten

Neben den beiden Sorten Pils und Brown Ale, die ich vor Ort gekostet habe, werden noch ein Märzen, ein Porter und ein Pale Ale gebraut und unter dem Namen “5 1/2 Knoten” vertrieben. Verwendet werden regionale und ökologisch erzeugte Rohstoffe, wie etwa die Kieler Küstengerste. Einen Fokus will man auf den Vertrieb von Fässern legen, für Veranstaltungen etc. Aber ab Dezember gibt es das neue Kieler Bio-Bier der Czernys Küstenbrauerei auch in der 12er Holzkiste bis an Deine Haustür geliefert. Es wird Zeit, dass ich meine Bestellung aufgebe.