No. 30: Lille Stout, Lillebräu – Kiel

Max und Flo von Lillebräu bereiten sich die Tage gerade intensiv auf die Eröffnung der eigenen Brauerei in Kiel vor. Nebenbei wird in der neuen Brauanlage aber schon fleißig gebraut und an neuen Bieren gearbeitet. Ganz frisch abgefüllt und heute bei mir im Lille-Verkostungsglas das Lille Stout.

Die Brauerei / Die Braumeister

Ich fasse mich hier etwas kürzer als gewohnt. Über Lillebräu habe ich hier schon häufiger geschrieben (Honk a tonk, Genussschein). Seit meinem letzten Beitrag ist aber einiges passiert bei Lille. Im Gewerbegebiet Alte Weide in Kiel wurde in den letzten Monaten die eigene Brauerei errichtet. Aber nicht nur eine Brauerei sondern eine Brauerei mit einem offenen Schankraum dazu. Die Idee dahinter: ein leckeres Lille trinken und dabei gefühlt mitten in der Brauerei sitzen, um Eindrücke von dem Brauen zu bekommen. Und das Lille-Team hat mit Daniel Elich einen Barchef (war vorher beim Alten Mädchen in Hamburg) und mit Broder einen Braumeister als Verstärkung bekommen.

Die offizielle Eröffnung steht kurz bevor. Um sich für die Eröffnung warm zu laufen gibt es seit Mitte September freitags und samstags ein pre-opening (Lille’s sanfter Freitag und Lille’s Fflotter Samstag). Dann laufen unterschiedliche Biere von Lille und anderen Brauereien aus den insgesamt 12 Zapfhähnen (ok, aus 2 Hähnen läuft Wasser). Währenddessen finden noch kleinere, bauliche Restarbeiten statt, und es wird fleißig an neuen Bieren gearbeitet, die das bestehende Lille-Sortiment von Pils, Lager und Pale Ale erweitern. In Planung sind ein Weizen, ein Helles und ein Stout. Von dem Hellen und dem Stout wurden mittlerweile erste Fässer und Flaschen abgefüllt, um den Weg in die Kieler Kehlen zu finden.

Das Bier – Lille Stout

Ich habe neulich bei einem Besuch der Warmlauf-Veranstaltung “flotter Samstag” bereits das Stout probiert und daraufhin gleich eine Flasche mitgenommen, um es zu verkosten. Die Abfüllung dieses (vermutlich ersten) Sudes war noch so frisch, das der Flasche noch das Etikett fehlt. So habe ich mich noch mal auf den Weg gemacht, um im gut sortierten Craftbier-Handel in Kiel eine etikettierte Flasche des Lille Stout zu erwerben.

Nun also ein Kieler Stout. Bei einem Stout denke ich zunächst ersteinmal an ein Guiness. Ein tiefschwarzes Bier mit einer cremigen Schaumkrone, dass einen kräftigen Körper hat, so dass nach einem großen Glas ein leichtes Völlegefühl einsetzt. Um es vorweg zu nehmen. Dieses Stout ist anders. Die Schaumkrone verflüchtigt sich schon kurz nach dem einschenken. Im Glas dann ein Bier, das von der Farbe her an eine 75%ige Zartbitterschoikolade in flüssig erinnert. Die Zartbitterschokolade findet sich dann auch beim Geruch wieder. Wer dann aber ein volles, kräftiges Stout erwartet, wird feststellen, dass dieses Stout norddeutsch schlank daher kommt und mit einer ordentlichen Portion Röst- und Kakaoaromen aufwartet. Der Geschmack von Zartbitterschokolade kommt gut zur Geltung. Die kakaolastigen Bitternoten überwiegen gegenüber der malzigen Süße. Das Stout ist daher nicht zu süß. Das gefällt mir ganz gut. Im Abgang schmecke ich feine würzige und zimtige Noten.

Fazit

Lange musste man auf eine weitere Kreation von Lille warten. Es hat sich gelohnt. Mit diesem Stout zeigen die Jungs von Lille, dass Sie für unterschiedliche Bierstile eine eigene Kieler Interpretation finden, die dabei nicht zu abgedreht ist und daher auch für Biertrinker abseits von Craftbeer-Nerds bestens geeignet ist.


Die Eckdaten:

Bierstil: Stout
Hopfen: East Kent Goldings
Bittereinheiten: k.A.
Alkoholgehalt: 6,1 % Vol


Die Höker:

Das Lille Stout gibt es in limitierter Auflage aktuell bei Brewcomer in Kiel und frisch vom Fass bei Lille’s sanftem Freitag und flotten Samstag direkt in der Brauerei im Eichkamp 9c in Kiel. Dort dann natürlich auch zum Mitnehmen in Flaschen.

 

No. 29: Wilde Hefen, Branta Brauerei – Niebüll

Eine neue Biergeschichte aus dem hohen Norden mit folgenden Bestandteilen: einem Hobby-Ornithologen, einer Warft und wilden Hefen. Dabei kommt heraus: Branta Brauerei aus Niebüll in Nordfriesland. Eine kleine Heim-Brauerei mit dem speziellen Fokus auf Hefen. Ich habe das “Wilde Hefen”, ein Wild Ale verkostet.

Der Braumeister / Die Brauerei

Nordfriesland, das ist diese Landschaft, in der die wenigen Bäume immer schief sind und man mittags bereits sieht, wer zum Abendessen kommt. Und es ist eine Gegend, die bislang wohl kaum jemand mit Bier in Verbindung bringt. In Nordfriesland gibt es nun aber auf einer Warft direkt hinterm Deich seit diesem Jahr das Ebbüller Brauhaus. Dort werden verschiedene handwerkliche Biere gebraut (leider kenne ich diese noch nicht). In diese Brauerei hat sich Carsten Jepsen eingemietet.

Carsten Jepsen ist der Kopf hinter der Branta Brauerei. Geboren in Niebüll, dann zum Studium quasi in die weite Welt außerhalb Schleswig-Holsteins gezogen, Bier und Brauereien kennengelernt, um dann mit einer fixen Idee an den Heimbraukessel zurückzukehren. Die fixe Idee war nicht nur das Bierbrauen an sich, sondern das Experimentieren mit Hefen. Herausgekommen sind dabei mittlerweile verschiedene, besondere und komplexe Biere, die in kleinen Mengen gebraut werden und nach und nach den Weg in die norddeutsche Craftbier-Szene finden.

Das Bier – “Wilde Hefen”, ein wildes Ale

Als Liebhaber hopfenbetonter Biere wage ich mich nun an eines, bei dem nicht der Hopfen oder das Malz sondern die Hefe den Ton angeben. Für seine “helle, obergärige Bierspezialität” verwendet Carsten Brettanomyces-Hefen und eigene, wilde, obergärige Haushefen auf Basis eines Brettanomyces-Stamms. Diese dann für 2 Monate gemischt gegoren. Flaschengärung, Nachgärung und weiteres Reifen der Hefen verändern das Aroma der Hefen und damit das des Bieres dann weiter.

Schon beim Einschenken des Bieres aus dieser 0,375 Liter Flasche zeigt sich die Wirkung der Hefen. Das ist man ordentlich karbonisiert und ganz schön sprudelig, dieses hellgelbe, naturtrübe Bier mit seiner weißen, kurz beständigen Schaumkrone. Vom Geruch her erinnert es mich an ein Saison: etwas säuerlich und grasig. Spannend wird es dann beim ersten Schluck: der säuerliche Charakter entwickelt sich schnell einem fruchtigen Aromakomplex, der sowohl leicht süßliche, bananige Elemente als auch fruchtig-zitronige Noten hat. Ich bin wirklich beeindruckt, was sich aus diesen Hefen zaubern lässt. Das ist ein äußerst leckeres, erfrischendes Sommerbier – auch mit einem Alkoholgehalt von 6,0 Vol. %. Ich habe nur einen Fehler gemacht: Ich habe das Bier bei Schietwetter im Herbst getrunken.

Für eine Flasche “Wilde Hefen” musste ich mich nicht mal auf den Weg nach Nordfriesland machen, sondern konnte diese im weltbesten Bierladen Brewcomer beziehen.

Fazit

Branta Brauerei – das ist ein weiterer Hot-Spot in der Craftbier-Landschaft. Wilde Hefen hinterm Deich bei salzhaltiger Luft scheint ne irre Kombination zu sein. Das “Wilde Hefen” hat es in sich. Kompliment an Carsten Jepsen!