No. 43: Ballsy Badger, The Uncharted Brewing Company – Eslöv, Schweden

Intro

Es ist nun nicht so, dass ich seit meinem letzten Verkostungsblog vom April 2020 kein Bier mehr getrunken habe – ganz ehrlich: ich habe in dieser Corona-Zeit viele tolle Craftbiere entdeckt und verkostet. Nur bin ich nicht dazu gekommen, die Ergebnisse hier niederzuschreiben. Nun geht es wieder los – und das mit einem bemerkenswerten Bier aus Südschweden: das Ballsy Badger, ein Strong Brown Ale, von The Uncharted Brewery aus Eslöv in Südschweden.

Über das Finden von Craftbieren in Schweden

Schweden (und auch Skandinavien insgesamt) und Bier: das ist eine merkwürdige Kombination. Viele assoziieren damit teure und langweilige Biere. Diesen Eindruck bekommt der gemeine deutsche Biertrinker sicher schnell. Im Vergleich zu den heimischen Bierpreisen muss man für eine Kiste Bier oder Dosengebinde vergleichbarer Größenordnung deutlich mehr berappen. Und dann hat die Plörre auch nur einen Alkoholgehalt von maximal 3,5 Vol. % und schmeckt nach Nix.

Aber in Skandinavien gibt es eine ausgeprägte Craftbeer-Szene mit zahlreichen kleineren und ausgezeichneten Brauereien, darunter sehr bekannte und größere wie etwa Mikkeller (DK), Omnipollo (S), Lervig (N) oder etwa auch toprated Brauer wie Alefarm (DK), Badin (N), Brewski (S) oder Duckpond Brewing (S). Derartige Biere gibt es in Schweden natürlich nicht im schnöden Supermarkt sondern im örtlichen Systembolaget, den Alkoholshops. Vor einiger Zeit war ich für einen Kurzurlaub zu Besuch in Südschweden und bin in den Systembolagets auf eine ausgezeichnete Auswahl gängiger und ausgefallener Craftbiere aus Skandinavien, Europa und Nordamerika gestoßen. Überrascht haben mich dabei die Preise. Liegen diese für vergleichbare Biere in Deutschland bei 5-7 € pro Dose, waren sie dort mit 2,50 bis 4 € unerwartet günstig.

Entdeckt habe ich da auch die stylischen Dosen der Uncharted Brewing Company. In der Vermutung, dass es sich bei dem Namen um eine amerikanische Brauerei handelt, musste ich schnell feststellen, dass ich hier auf eine kleine Brauerei aus Eslöv in Südschweden gestoßen bin. Eslöv ist eine Kleinstadt mit etwa 18.000 Einwohnern und liegt etwa 20min von Lund entfernt.

Die Brauerei – The Uncharted Brewing Company

“We are a modern independent Swedish craft brewery, who love to brew good beer. No fancy stuff, as we believe that there’s no need to complicate things.”

www.uncharted-brewing.com

Leider habe ich es nicht geschafft, bei der Brauerei vorbeizuschauen. Daher bediene ich mich für die Infos zu der Brauerei der informativen Internetseite www.uncharted-brewing.com und fasse mal kurz zusammen: Ein Ire (Diarmiud) und eine Schwedin lernen sich in Dublin kennen (vermutlich beim Bier trinken), entdecken eine gemeinsame Leidenschaft (vermutlich Bier brauen) und ziehen dann nach Südschweden, um Bier zu brauen und 2016 eine eigene Brauerei zu gründen, die auf eine nachhaltige und umweltfreundliche Produktion mit lokalen Rohstoffen setzt.

Pouncing Panther, Ballsy Badger

Heute werden in der Mikrobrauerei in Eslöv pro Sud 2.500 Liter verschiedenster Biere gebraut und in Dosen sowie Fässern abgefüllt. Das Sortiment umfasst mittlerweile 13 verschiedene Biersorten, darunter klassische Bierstile wie Pils, Lager, Pale Ale aber auch ausgefallene Kreationen wie ein Coriander Amber Ale oder ein Strawberry & Lime Sour. Wiedererkennungswert sind die tierischen Bezeichnungen mit einem entsprechenden Etikett.

Das Bier – Ballsy Badger, Strong Brown Ale

Von meiner Reise nach Schweden habe ich mir zwei passende Winterbiere mitgebracht. Neben dem Strong Brown Ale Ballsy Badger auch das Pouncing Panther, ein 4 Beans Cream Porter. Beides hochprozentige, malzige und kräftige Dunkelbiere. Für die Verkostung habe ich mir das Ballsy Badger aufgemacht.

Der Blick auf die Dose enthüllt zunächst einige besondere Zutaten: Hafermalz, Vanille und Muskat. Dazu gesellen sich die für dunkle Ales durchaus typischen Hopfensorten Fuggles und East Kent Goldings sowie der Bitterhopfen Herkules. Ein durchaus spannendes Zutatensetting.

Schon beim Öffnen der Dose wird die Vanille deutlich. Scheint eine ordentliche Portion zu sein. Erinnert vom Geruch her an Tonka-Bohne. Im Glas zeigt sich das Strong Brown Ale in einem mokkabraunen Gewand mit einer kleinen, wenig persistenten Schaumkrone.

Die süßlichen Vanille-Noten dringen beim Ansetzen des Glases intensiv in die Nase, um dann beim ersten Schluck von würzigen und erdigen Eindrücken abgelöst zu werden. Vermutlich ist zeigt hier auch die dem Bier zugesetzte Muskatnuss geschmackliche Wirkung. Nach kurzer Zeit macht sich das durch das Hafermalz samtweiche Bier in der Mundhöhle breit – anschmiegsam und mit einem Hauch von Orange und Trockenobst. Im Finish wird es für meinen Geschmack dann nochmal kurz süßlich: Vanille, Toffee und Schokolade. Dann kommt die Bittere – vermutlich der Herkules Hopfen – mit einer gewissen Trockenheit durch.

Fazit

Ich habe versucht, meine Eindrücke wiederzugeben. Die Brauer selber haben noch etwas von Roggenbrot-Noten geschrieben. Das konnte ich nicht erschmecken. Was bleibt ist ein sehr guter Gesamteindruck. Mir gefällt das Zusammenspiel aus Würze, Vanille und dezenter Süße. Ach ja, und da war ja noch das Strong: 8,8 Vol. %. Merkt man erst hinterher…

Die Eckdaten

Bierstil: Strong Brown Ale
Hopfen: Herkules, Fuggles, East Kent Goldings
Bittereinheiten: k.A.
Alkoholgehalt: 8.8 % Vol.

No. 19: Horst, Braukollektiv KG – Freiburg

Zu Beginn des Jahres 2018 stelle ich mein aktuelles Lieblingsbier vor: “Horst”. “Horst” ist ein Brown Ale, genauer genommen ein California Brown Ale vom Braukollektiv aus Freiburg. Nach dem Zapotopaz vom Emma-Biere ohne Bart folgt nun ein weiteres, klasse Craftbier aus Freiburg. Glücklicherweise hat der Bierhändler meines Vertrauens einen Draht nach Freiburg. Die Biere vom Braukollektiv gehören zum Standardsortiment beim Brewcomer

Die Braumeister

Wer oder was ist das Braukollektiv KG aus Freiburg? Hinter dem Braukollektiv stecken vier Bierverrückte, die ursprünglich alle ganz andere und unterschiedliche Dinge im Sinn hatten. Die Begeisterung für handwerklich hergestelltes Bier und die Abneigung gegenüber den langweiligen Fernsehbieren hat die Vier 2013 zusammengeführt. Nachdem zunächst jeder für sich als Heimbrauer ein wenig herumexperiementiert hat, floss im Juni 2014 der erste Sud aus den Zapfhähnen in Freiburgs Kneipen. Mittlerweile ist das Braukollektiv fester Bestandteil der deutschen Kreativbier-Szene. Als Kuckucksbrauerei brauen die Vier ihre Biere bei der Familienbrauerei Rogg in Lenzkirch im Schwarzwald. Zum Standardsortiment zählen neben dem “Horst” folgende Biere: “Dolly” (IPA), “Ziggy” (Pale Ale), “Moe” (Summer Ale) und “Jaques” (West Coast IPA). Zusätzlich gibt es mit den Bieren der Xperimental Xeries weitere spannende und einmalige Kreationen. Das Barrel Aged Saison aus dieser Serie habe ich bereits bei einem Tasting vorgestellt.

Das Bier

“Horst” ist ein Brown Ale. Mein erstes und lange Zeit einziges Brown Ale, das ich getrunken habe, war das Newcastle Brown Ale. Irgendwie scheint es mir, das das Brown Ale so etwas aus der Mode gekommen ist. Ich frage mich warum.

Ein Brown Ale ist ein alter englischer Bierstil. Es ist ein obergäriges und malzbetontes Bier, das mit seiner braunen oder bernsteinartigen Farbe heller als ein Porter ist und deutlich weniger Röstaromen aufweist. Dagegen spielen süßliche und karamellige Aromen eine größere Rolle. Je nach Bier gibt es etwas mehr oder weniger Hopfenaromen. Mal sehen wie es bei dem “Horst” so ist.

Das Etikett gibt einen ersten Vorgeschmack (Anmerkung: Die Etiketten an sich sind schon recht stylisch und eine Augenweide):

“Helles Malz, dunkles Caramel und Chocolate Malt kombiniert mit einer fetten Brise West Coast Hopfen. The Horst Abides. Grrrroarrrr”

Mal so vorab, dieses Brown Ale ist mit 40 IBU recht hopfenbetont. Eine ordentliche Schippe Cascade-Hopfen hat “Horst” im Whirlpoolverfahren bekommen. Zum Abschluss wurde es mit dem Centennial gestopft. Also quasi doppeltgehopft. Die Hopfen machen sich schon beim Geruch bemerkbar. Fruchtige und harzige bis erdige Aromen kommen zum Vorschein. Beim ersten Schluck schmecke ich dann zunächst diesen kräftigen Malzkörper aus Caramel- und Chocolate-Malzen: süß und ausgewogen sanft. Doch es bleibt nicht bei diesem für ein Brown Ale typischem Aromen. Es folgen schnell die fruchtigen, leicht blumigen und auch erdigen Hopfenaromen mit einer anständigen Bittere im Abgang. Das ist ein heißer Ritt durch die Geschmackslandschaft. Aber alles gut ausbalanciert und harmonisch.

Das “Horst” hat 2016 bei den Meininger Craft Beer Awards die Goldmedaille erhalten. Unter ratebeer.com rangiert Horst bei den Brown Ales unter den TOP 50. Und die Hopfenhelden-Bloggerin Nina Klotz hat in ihrem Craftbier-Guide “Die besten Biere, die man probiert haben muss” das “Horst” als einziges Brown Ale aufgeführt. Diese Referenzen sprechen für sich. Also ran an den “Horst”!

Fazit

Gelungene Interpretation dieses alten englischen Bierstils. Ein hopfenbetontes und hammergeiles Brown Ale mit amerikanischen Westcoast-Hopfen. Wow, unbedingt ausprobieren!

Die Eckdaten

Bierstil: California Brown Ale
Hopfen: Cascade, Centennial
Bittereinheiten: 40 IBU
Alkoholgehalt: 6,2 % Vol

Die Höker

In Freiburg gibt es Horst vermutlich an “jeder Ecke”. Hier im Norden habe ich es bislang nur bei

gefunden.